Mit Albert Hoffmann verbindet mich seit Jahrzehnten eine lockere Freundschaft. Einerseits, weil wir in den 1970er Jahren einige Zeit an derselben Schule als Kollegen tätig waren, wo uns gemeinsame Interessen wie Theaterspiel und Leseförderung sowie tägliches Abo-Essen im Gasthof Lehner in Wildenreuth verbanden.😉 Andrerseits, weil ich danach sein Leseförderungsprogramm ANTOLIN jahrelang intensiv mit meinen Klassen im Unterricht nutzte. Alle paar Jahre hatten wir seither immer wieder mal persönlichen Kontakt. Jetzt war es wieder soweit.
Nachdem ich Albert zu seiner jüngsten Auszeichnung durch den STERN gratuliert hatte, worüber Ende September ein Artikel im „Neuen Tag“ erschienen war, vereinbarten wir, uns an Allerheiligen zum Mittagessen zu treffen.
Albert schlug die Osteria La Toscana in Weiden am Stadtmühlweg vor. Wie sich herausstellen sollte, eine gute Wahl! Wir entschieden uns beide für einen Fischteller, der ausgezeichnet mundete. Wir hatten uns so viel zu erzählen, dass wir ganz auf’s fotografische Dokumentieren vergaßen.
Besonders interessierte mich u. a., nochmal zu hören, wie es eigentlich zu ANTOLIN gekommen war. In einem Interview, das Albert auf seiner Homepage veröffentlicht hat, beschreibt er den Werdegang seines webbasierten Leseförderungsprogrammes wie folgt:
Vor dem Hintergrund einer tiefen Hilflosigkeit als Lehrer bei meinen vielfältigen, arbeitsintensiven, jedoch zumeist wenig erfolgreichen Versuchen, die Kinder dauerhaft zum Lesen zu animieren, traf ich vor drei Jahren in den USA auf folgenden Ansatz: Die Lesetätigkeit von Kindern wird mit einer Datenbank in Verbindung gebracht. Diese Idee faszinierte. Hier wurde zum ersten Mal in einer beispielhaften, zeitgemäßen Form der Versuch unternommen, die Lesetätigkeit sichtbar zu machen. Lesen, insbesondere das Lesen von Büchern, ist zuerst einmal Arbeit, die einer Würdigung bedarf. Doch wie hätte ein Lehrer – bisher – diese detaillierte Anerkennung jedem einzelnen Kind glaubhaft vermitteln können? Ein hilfloses Unterfangen! Und somit war Antolin geboren: Eine Website mit hinterlegter Datenbank, auf der (vor allem) die Fragensätze zu den Kinder- und Jugendbüchern sowie die persönlichen Schülerkonten gespeichert sind. Sehr schnell entfernte sich die Antolin – Idee von den amerikanischen Vorläufern und wurde zielstrebig zu einem Leseprogramm für deutschsprachige Verhältnisse entwickelt.
Als ich von oben besagter „Lehrerfortbildung“ aus den USA zurückkehrte und von dieser neuen Art der Leseförderung schwärmte, meinte mein Sohn Raphael, Student der Informatik, ein solches Programm könne er erstellen, keine Frage. Gleichzeitig wurde als Basis nur das Internet in Betracht gezogen. Aufgrund seiner Breitenwirkung sollten die sich ergebenden Synergieeffekte für Antolin genutzt werden. Es war uns klar, die Unmenge an Arbeit, die eine solche Datenbank vor allem bei der Erstellung von Fragesätzen erforderte, könnte nie von uns alleine geleistet werden. Hierzu bedürfte es der Mithilfe von vielen; die würde aber zu bekommen sein – so unsere Meinung -, da ja im gleichen Moment die Vorteile von Antolin allen wieder zugute kämen. Die ersten Fragesätze wurden von mir und meiner Frau erstellt, die Lehrerkollegen unserer Schulen schlossen sich bald an; Schülereltern und Freunde ebenso. Es dauerte nicht lange, da meldeten sich interessierte Lehrer und Eltern von Schulen, die erste Versuche mit Antolin gemacht hatten. Heute bekommen wir täglich aus dem ganzen deutschsprachigen Raum Fragensätze zugesandt.
(Der Text entstammt dem Interview mit http://www.sagmal.de vom 15.04.2003)
Inzwischen ist ANTOLIN gewachsen und weiterentwickelt worden. Das Programm gibt es jetzt auch in mehreren Sprachen. Es wird vom Westermann Verlag vertrieben, der aber keine konkreten Zahlen nennt. Von annähernd 10 Millionen Usern kann ausgegangen werden.
Und Albert, der sich nun schon fast zehn Jahre im Ruhestand befindet, ist noch immer hochaktiv, hält Vorträge und demonstriert Unterrichtsstunden mit ANTOLIN. Auch sein sonniges Gemüt und sein herzhaftes Lachen hat er sich bewahrt. „Ich hatte viel Glück im Leben,“ sagt er von sich selbst.
Wir haben natürlich auch über Vieles aus unseren privaten Erfahrungswelten gesprochen und Erinnerungen aufgefrischt. Das gehört jedoch nicht in den Blog. Wer aber mehr über Albert Hoffmann und ANTOLIN nachlesen möchte, der kann mal auf www.unterreuth.de klicken. In Unterreuth bei Passau wohnt Albert nämlich inmitten einer herrlichen Umgebung, die wohl auch die Kreativität fördert.
Nach unserem gemeinsamen Mittagessen fuhr Albert zum Kaffeetrinken und Gräberbesuch nach Kaltenbrunn, wo sein Elternhaus steht, und ich strebte nach Hause, denn mich plagten noch immer Husten und Katarrh.